Remscheider Generalanzeiger vom 22. Mai 2003:

Dabringhauser Projekt delfin: Krebs bei Kindern begleiten

Von Andreas Weber

Michael starb im Januar 1999, eine Woche vor seinem zehnten Geburtstag. Eindreiviertel Jahr hatte sein Kampf gegen die Leukämie gedauert. Zwischendurch ging es auf und ab. Hoffnung wechselte mit Resignation, längere Phasen zu Hause in Pantholz mit dem Krankenhaus.

Kinderkrebsklinik Düsseldorf: Heilpädagogisches Reiten auf dem Nixhof in Neuss-Gnadenthal
© Foto: privat

Ein halbes Jahr Intensivtherapie in der Kinder-Onkologie der Uni-Kliniken Düsseldorf rettete das Leben des Jungen nicht. Seine Eltern, Beate und Udo Haldenwang, haben während der Erkrankung und nach dem Tod viel Unterstützung erfahren. Es waren Freunde, die sich ihrer annahmen, aber auch die Evangelische Kirchengemeinde in Dabringhausen. Wie gehe ich mit dem Schicksal um? Eine Frage, mit der sich das Umfeld schwer tut, vor allem verständlicherweise die Betroffenen. Im September 2002 haben die Haldenwangs deshalb delfin gegründet, ein Projekt der Elterninitiative Kinderkrebsklinik e.V. in Düsseldorf. "Es gibt Eltern, die Ähnliches wie wir durchlitten haben", sagt Udo Haldenwang: "Unser Grundgedanke war deshalb, menschliche Begleitung in einer Phase der Neuorientierung anzubieten." Das Ehepaar hat sich Zeit gelassen. Bewusst. "Die Idee ist lange gereift; gleichwohl wollten wir sie nicht übereilig umsetzen, weil wir uns sonst garantiert der Gefahr ausgesetzt hätten, über delfin uns selber zu therapieren." Ein paar Jahre Abstand geben dem Gesprächskreis eine vernünftige Basis. Nicht in Aktionismus zu verfallen, auf Distanz zu setzen, war richtig, finden die Haldenwangs.

Dass die Zeit jedoch alle Wunden heilen würde, ist ein Trugschluss. "Wir müssen mit der Narbe immer leben. Und wenn sie aufbricht und niemand hilft, blutet man innerlich aus", überlegt Udo Haldenwang. Neun Abende haben seither im Café der Evangelischen Kirchengemeinde Dabringhausen - jeden ersten Freitag im Monat, 20 bis 21.30 Uhr - stattgefunden. Mit bisher 17 betroffenen Eltern haben die Initiatoren, die auch Claudia Steger-Richter, Frank Lessing und Eckard Grimm zu ihren Mitarbeiter(inne)n zählen, Erfahrungen ausgetauscht. Schwerpunkt ist der Kinderkrebs, gedacht für Angehörige, deren Kinder in Therapie oder verstorben sind. Auch wenn die Haldenwangs Zuwendung erfahren haben, so wissen sie: "Eine solche Gruppe ist für viele der Rahmen, ihren Gefühlen einmal freien Lauf lassen zu können." Weil sie sich unter Gleichgesinnten verstanden fühlen. "Hier kann jeder jedem eine Hilfe sein", haben sich Beate und Udo Haldenwang für die monatlichen Treffen an der Altenberger Straße vorgenommen. Der Delfin als Symbol besitzt eine positive Ausstrahlung. Die Haldenwangs haben ihn gewählt, weil er ein Tier mit ausgeprägtem Gemeinschafts-, Hilfs- und Unterstützungsverhalten ist. Themen der ersten Zusammenkünfte waren der Umgang mit der Diagnose, Reaktionen im Umfeld, Hoffnung sowie die Leid- und Trauerbewältigung.

Das Angebot soll ausgedehnt werden. "Wir möchten Familien oder allein Erziehenden von Kindern helfen, die aufgrund der Therapie mit dem einfachen Alltag überlastet sind", bietet sich die delfin-Gruppe an.

Denn vieles bleibt wegen der häufigen Fahrten und zahlreichen Aufenthalte in Düsseldorf liegen. Folglich könnte sich delfin Betreuung von Geschwisterkindern, Hausaufgabenhilfe, Hilfe beim Einkauf, Bügeln oder Rasenmähen vorstellen. Der Einzugsbereich ist das Bergische Land. Die Gesprächsteilnehmer stammen nicht nur aus Wermelskirchen. Aus Hückeswagen, Remscheid und Solingen stoßen Eltern zu dem Projekt (www.delfin-initiative.de). Dessen Wurzeln liegen in der Düsseldorfer Kinderkrebsklinik. Am 28. November 1979 schlossen sich Eltern, Schwestern und Ärzte zu einer Initiative zusammen. Seither finanziert und fördert diese ein breites Spektrum: von Familienkuren, Sommerfesten über Spiel- und Bastelmaterial, Forschungsvorhaben, die die Heilungschancen verbessern sowie medizinischen Geräten bis zu einer Nachsorgestation für Knochenmark-transplantierte Kinder. Flankierende Unterstützung erhoffen sich die Düsseldorfer (www.kinderkrebsklinik.de) nun auch auf regionaler Basis. Nach Neuss ist Wermelskirchen das zweite Projekt im Einzugsbereich der Uni-Klinik. Für das es, bedauerlicherweise, Bedarf gibt. "Um die 50 unserer delfin-Flyer sind von Düsseldorf in diese Region geschickt worden", wissen Beate und Udo Haldenwang von einer erstaunlich hohen Patientenzahl.